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Kläranlage Neumarkt
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Bei leichtem Nieselregen führte uns unser zweiter Termin zur städtischen Kläranlage an den Berliner Ring. Dort trafen wir uns mit Herrn Schütt, dem Leiter des Umweltamtes Neumarkt. Regelmäßig führt er Besuchergruppen durch die Anlage und erklärt den Ablauf der Prozesse in der Kläranlage. Zweck der Kläranlage ist es, das verunreinigte Wasser aus der Kanalisation zu säubern und wieder in den natürlichen Wasserkreislauf zu bringen.
Das Verfahren (Mechanisch und Biochemisch)
Sobald das Abwasser in die Anlage eintritt wird es über eine archimedische Schraube sieben Meter nach oben gehievt. Auf diesem Weg werden die größten Fremdkörper entfernt. Das Abwasser läuft dann durch eine Art Sieb, das die restlichen Fremdkörper auffängt. Diese werden zuerst gelagert und dann zu einer 70km entfernten Verbrennungsanlage transportiert. Danach wird das Abwasser durch einen Sand- und Ölabscheider geleitet, der Sand und Öl aus dem Wasser entfernt. Die Fette werden für die Biogasproduktion verwendet. Das Abwasser fließt anschließend in ein Klärbecken, in welchem die Strömungsgeschwindigkeit reduziert wird. Somit sinken die organischem Partikel und der schwere Schlamm ab und können abgepumpt werden. Zu diesem Zeitpunkt wurden 30% der Schadstoffe aus dem Abwasser entfernt. Das Wasser sieht zwar klar aus, enthält aber noch einige chemische Verbindungen wie Kohlenstoff, Phosphat und Stickstoff.
Nach der mechanischen Behandlung wird das Abwasser biologisch behandelt. Hierbei wird Stickstoff und Phosphor entfernt. Stickstoff wird erst via Nitrifikation entfernt. Bakterien wandeln den Ammoniak zuerst in Nitrit und dann in Nitrat um. Die Stadt hat einen neuen Oberflächenbelüfter installiert, der die Leistungsfähigkeit des Nitrifikationsbehälters drastisch verbessert hat. Anschließend erfolgt die Denitrifikation. Im nächsten Tank findet eine anaerobe Reduktion des Nitrats zu Stickstoffgas statt. Das Wasser verbringt insgesamt 2 Tage in der Anlage, bis es sauber genug ist, um die Anlage zu verlassen. Am Ende wird das Wasser in den Stadtbach geleitet. Das gereinigte Wasser verlässt die Anlage mit 3 mg / l Stickstoff, 28 mg / l gelösten Kohlenstoff und 3 mg / l biochemischen Sauerstoffbedarf (BSB). Es wurden somit 98% der ursprünglichen Verunreinigungen entfernt. Das Wasser ist für die Umwelt unbedenklich. Es wird täglich im Labor und durch andere Regierungsbehörden regelmäßig getestet. Auch Fische werden in einem Bioakkumulations-Behälter gezüchtet und periodisch entnommen, um sie im Labor testen zu können.
Diese Anlage ist nachhaltiger als konventionelle Anlagen. Aus dem schweren Schlamm, der aus dem Absetzbecken gepumpt wird, wird Energie erzeugt. Durch eine Zentrifuge wird aus dem Schlamm das Wasser entfernt. Drei Lastwägen pro Woche fahren die Materialien zur Kompostierung.
Der Schlamm, der in den Klärgruben bleibt, wird für 83 Tage bei 40 ° C zersetzt. Das so erzeugte Biogas wird für Energieerzeugung genutzt. Die Biogasanlage umfasst 8000m³. An dem Tag als wir die Anlage besucht haben, hat der Fermenter 2400m³ Biogas produziert. Das Biogas wird verwendet, um drei Generatoren zu versorgen, wovon zwei im vergangenen Jahr installiert wurden. Diese können je bis 400KW / h elektrische Energie mit 43% Wirkungsgrad herstellen und sind somit hinsichtlich der Energieerzeugung effektiver. Der ältere Generator wurde im Jahr 1939 gebaut, aber er ist bei der Wärmeerzeugung effektiver. Die Energie genügt, um 80% des Energiebedarfs der Anlage zu decken. Die Wärme hingegen wird genutzt, um die Biogasanlagen warm zu halten und die benachbarten Gewächshäuser der Stadtgärtnerei zu versorgen. Herrn Schütts Ziel ist es, mit der Anlage mehr Energie zu erzeugen als benötigt wird. So könnte die Anlage sogar Energie in das öffentliche Netz abgeben.
Die Anlage nutzt auch das Anammox-basierte DEMON® (Deammonifikation) Verfahren, bei dem Ammoniak Bakterien und anaerobe Ammonium-oxidierende Bakterien (Anammox) verwendet werden, um zuverlässig Ammoniak aus dem Abwasser zu entfernen. In diesem Verfahren werden Nitritate und Ammonium direkt in Stickstoffgas umgewandelt. Das Anammox System benötigt 60% weniger Energie, eliminiert die Notwendigkeit von Methanol und erzeugt 90% weniger Schlamm als herkömmliche Systeme. Dieses System hat einen wesentlich niedrigeren Kohlenstoff-Fußabdruck, da es Kohlendioxid absondert. Die Anammox-Bakterien leben normalerweise in den tiefen Ozeanen und mögen warme Temperaturen (20-83 Grad), einen pH-Wert von 7,0-7,2 und benötigen nicht viel Sauerstoff. Die Anammox-Bakterien wachsen im Vergleich zu den anderen Bakterien langsam. Um sie von den schwereren Bakterien zu trennen wird ein Zyklon verwendet. Bisher sind nur 20 bis 30 Werke in Europa mit dieser Technologie ausgestattet.
Die Anlage
Die Anlage versorgt 40.000 Menschen aus der Stadt Neumarkt und 5000 Menschen aus umliegenden Dörfern. Das Abwasser der Industrie entspricht in etwa dem Wasser von 15.000 Personen. Die Kapazität der Anlage ist für 150.000 Menschen angelegt, so dass die zusätzliche Kapazität für zukünftige industrielle und private Entwicklungen gesichert ist. In neueren Gebieten Neumarkts wird das Regenwasser separat umgeleitet. In der Altstadt jedoch gibt es nur ein kombiniertes Rohr für Regen- und Abwasser. Insgesamt bekommt die Anlage Abwasser aus einem kombinierten Abwassernetz aus 250 km und einem geteilten Netzwerk von 30km Entfernung. Die Anlage kann nur 600 Liter pro Sekunde verarbeiten. Wenn es trocken ist, erhält die Anlage in der Regel nur 150 Liter pro Sekunde. Aber wenn die Durchflussrate höher als 600L ist (bei Regen), muss das Abwasser vorübergehend gespeichert werden. Falls der Regen das Abwasser im Verhältnis von 10:1 verdünnt, wird es direkt in den Stadtbach umgeleitet.
Im Jahr 1992 wurden 80% der Anlage neu aufgebaut und modernisiert. Die alten Belüfter wurden mit neuen Technologien ausgestattet. Mit diesen Technologien war es den Bakterien unter mehr Zeit möglich, den biologischen Sauerstoffbedarf (BSB) zu reduzieren. Die Laboranalyse hat auch gezeigt, dass die Anlage jedes Jahr besser wurde, da das gereinigte Wasser immer weniger Stickstoff enthält. In Deutschland gibt es fünf Kategorien von Kläranlagen und diese Anlage fällt in die größte Kategorie, da sie über eine Kapazität von mehr als 100.000 Menschen verfügt. Die großen Anlagen unterliegen strengeren Reinigungsstandards im Vergleich zu kleineren Anlagen. Für die Umwelt ist es besser, mehr große als viele kleine weniger effektive Anlagen zu haben.
Nur 7 Personen arbeiten in der Anlage. Drei Mechaniker, zwei Elektriker, ein Labortechniker. Ein weiterer hält die Anlage sauber und grün. Die Anlage wird 24 Stunden am Tag über ein elektronisches Computersystem überwacht. Vor Ort sind die Arbeiter nur von 7.00 bis 16.00 Uhr unter der Woche. Zwei Arbeiter sind je für 4 Stunden am Wochenende eingeteilt. Deshalb ist es wichtig, dass der Chef bei Problemen unterrichtet wird, wenn niemand da ist. Die Anlage kann von zuhause gesteuert werden. Es können beispielsweise Maschinen ausgeschalten oder Back-Up-Pumpen aktiviert werden.
Aus Sicherheitsgründen gibt es in der Anlage auch Duschen und Waschmaschinen. Die Mitarbeiter wechseln ihre Arbeitskleidung und Handschuhe, wenn sie zur Arbeit zu kommen, und wenn sie die Arbeit wieder verlassen. So laufen sie nicht Gefahr, die Bakterien oder Viren (die beispielsweise aus medizinischen Einrichtungen in das Abwasser gelangen), mit nach Hause zu nehmen.
Vielen Dank an Herrn Schütt und Herrn Fritz für die zwar regnerische, aber interessante Führung. Obwohl wir keine Koryphäen auf dem Gebiet der Chemiker sind, haben Sie uns die Prozesse, wie unser Abwasser gereinigt wird, anschaulich und verständlich dargestellt.
Categories: Städtische Einrichtung
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